Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung,
liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Rheine!

Heute verabschieden wir den Haushalt für das Jahr 2022 und wieder sind wir nicht im Ratssaal, sondern in der Stadthalle, da Corona - nun in der Omikron-Variante - uns weiter fest im Griff hat. Und ja, ich gebe es offen zu, es nervt langsam. Mal mehr Mal weniger, aber politische Arbeit ohne direkten Kontakt zu Menschen funktioniert nicht gut. Es fehlen die geselligen Gespräche nach den Sitzungen, die kurzen Absprachen zwischendurch oder einfach mal dem politischen Mitbewerber - nicht nur im symbolischen Sinne - die Hand reichen. Und wenn wir ganz ehrlich zu uns sind geht das Ganze einher mit einer Grundgereiztheit, weil wir es doch alle so leid sind, die fünfte Videokonferenz in der Woche zu haben, ohne einen Ausgleich bei Fanta und Bier genießen zu können. Nicht immer gelingt es leider, die bröckelnde Gelassenheit zu wahren und dann trifft es den ein oder anderen aus Verwaltung und Opposition mit unvermittelter Wucht. Ich bitte daher für Vergangenes um Entschuldigung und für Zukünftiges um Nachsicht, und verspreche, meinem gegenüber das Gleiche Recht einzuräumen. Das gilt nicht nur für den politischen Betrieb, sondern natürlich in allen Lebenslagen und mein Dank gilt daher all jenen, die hier direkt im Feuer stehen und die Stimmungen der Menschen - sei es in Verwaltung, Pflege, Schulen, Kitas, Vereinen und Organisationen, öffentlichen und freien Trägern âEUR" abfangen müssen. Das ist sicher nicht immer leicht und schon gar nicht, wenn man ungerechtfertigt behandelt wird. Aber es scheint besser zu werden. Immerhin sitzen wir hier heute nicht mehr im verkleinerten Rat, sondern in Vollbesetzung, alle von uns sind mindestens zweimal, viele schon drei Mal geimpft und niemanden von uns hat die Krankheit âEUR" soweit ich das überblicke âEUR" ernsthaft getroffen. Ich wünsche allen, dass es dabei bleibt und uns Corona hoffentlich im kommenden Jahr nicht mehr wesentlich einschränkt. Das wird nicht für unseren Haushalt gelten. Allein für 2021 liegen die coronabedingten Mehrbelastungen bei 10,5 Mio. Euro, die zumindest theoretisch 50 Jahre abgeschrieben werden können. Das Thema Corona wird uns zumindest in den Haushalten wohl noch über Jahre begleiten.
In diesem Haushaltsjahr müssen wir mit einem Defizit von 2,5 Mio. Euro planen, was angesichts der in 2021 geschätzten 8 Mio. Euro immerhin erfreulich ist. Gedeckt werden kann das ganze durch Verrechnung mit der Ausgleichsrücklage, so dass der Haushalt zumindest formal als ausgeglichen gilt. Nach aktuellen Planungen kratzen wir nächstes Jahr aber an der 10 Mio.-Grenze und in den Folgejahren sieht es wenig besser aus. Ich hatte daher schon im letzten Jahr deutlich gemacht, dass wir insbesondere im Personalbereich genauer hinschauen müssen. In diesem Jahr sind es nur noch 13,18 Stellen, die hinzukommen, statt der 33 aus dem vergangenen Jahr. Aber langfristig muss hier irgendwann auch mal ein Minus stehen. Denn leider leben wir weiterhin über unsere Verhältnisse. Unsere Zahlen sehen ja nur deswegen - im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen - noch halbwegs erträglich aus, da wir vor sieben Jahren ganz erheblich die Einnahmen gestärkt haben. Auf der Ausgabenseite ist - das sage ich auch selbstkritisch - wenig passiert und trotz zahlreicher Lippenbekenntnisse habe ich aus der Opposition noch keinen einzigen Einsparantrag gesehen. Im Gegenteil sollten sogar Mittel in den Haushalt eingestellt werden, die nicht mal die Verwaltung gebrauchen konnte. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn wir im nächsten Jahr auch mal Einsparanträge aus den anderen Fraktionen zu sehen bekämen. Doch zurück zu unserer Einsparung im Personalbereich. Die Stelle im Standesamt, die wir gestrichen haben, haben wir nicht deswegen gestrichen, weil wir glauben, dass die Mitarbeiter in dem Bereich keine gute Arbeit machen oder alle unterfordert sind. Das ist ein gerne genommenes Argument bei Stelleneinsparungen, so zu tun als sei das Sparen mit einer Mitarbeiterschelte gleichzusetzen, und all jene, die für die Stelle sind, seien die strahlenden Ritter, die sich vor die Mitarbeiter stellen, denen in verwerflicher Weise die Entlastung versagt würde. Wenn Mitarbeiter dauerhaft über ihre Belastungsgrenzen gehen, dann hat das was mit Führung zu tun und nicht mit fehlendem Personal. Unser Ansatz ist ein ganz anderer. Nämlich der, den uns der Kämmerer schon vor Jahren ins Stammbuch geschrieben hat, der aber zu wenig befolgt worden ist. Dass es heute ausgerechnet seinen Bereich trifft, ändert nichts daran, dass er damals so richtig lag, wie wir heute. Einsparungen funktionieren nur, wenn man auch dazu bereit ist, Standards abzusenken. Etwas längere Wartezeiten im Standesamt halten wir für hinnehmbar im Verhältnis zur Erhöhung von Steuern, was aber die logische Konsequenz dazu ist, wenn man dauerhaft neue Stellen schafft. Irgendwann muss man irgendwo anfangen. Sonst geht es einem dann, wie jetzt im Museumsbereich, wo wir die im letzten Jahr noch abgelehnte Stelle zumindest mittragen, damit dem gesetzlichen Auftrag nachgekommen werden kann, die stadteigenen Kunstgegenstände ordnungsgemäß zu inventarisieren und zu lagern. Heute bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als dem zuzustimmen, da hier über Jahre ganz offensichtlich falsche Prioritäten gesetzt worden sind. Statt dem gesetzlichen Auftrag nachzukommen, wurden freiwillige Aufgaben durchgeführt. Wenn Politik dann etwas kleinteilig nachfragt und sogar gelegentlich kleinkariert wirkt, dann ist das das Ergebnis fehlender Standardabsenkungen zur richtigen Zeit. Die Zusatzkosten heute hätten wir uns sparen können.
Tatsächlich senken wir nur moderat die Standards und schaffen auch weiterhin neue Stellen. Denn in den Bereichen wo es brennt, wo Personal benötigt wird, wird es von uns ohne große Diskussionen bewilligt. So im Baubereich, oder im Bereich Digitalisierung. Im Baubereich machen wir uns mit diesem Haushalt zudem ehrlich was die Möglichkeiten der Mitarbeiter der Stadtverwaltung im Hinblick auf die von uns beschlossenen Projekte angeht. Hier haben wir die Baumaßnahmen neu priorisiert und Maßnahmen in die Zeit gesetzt. Das ist letztlich auch nichts anderes, als Standards in Frage zu stellen. Wobei hier auch mit Augenmaß vorgegangen wird. Obwohl es vermutlich zu Mehrkosten kommt, soll die Verschiebung einer Schulrenovierung nicht dazu führen, dass die Digitalisierung der Schule gleich mit verschoben wird. Apropos Digitalisierung. In diesem Bereich gibt es den größten Stellenzuwachs und hier wollen wir zeitnah unsere Standards deutlich erhöhen. Grund hierfür ist in erster Linie, dass Verwaltungsdienstleistungen für den Bürger schneller und einfacher werden sollen, aber auch dass Mitarbeiter entlastet werden. Und natürlich soll langfristig dadurch auch Personal eingespart werden. Nur so können wir unsere Standards in anderen Bereichen zu erträglichen Kosten halten. Angesichts eines dramatischen Fachkräftemangels in der Zukunft ist die Automatisierung im Übrigen ohnehin der einzige Ausweg, wie wir als Stadt und Gesellschaft unsere Prozesse am Laufen halten können. Die Digitalisierung unserer Verwaltung ist daher in den kommenden Jahren eine wesentliche Aufgabe, die besser gestern, als morgen auf den Weg gebracht werden muss. Mit dem Beschluss über die Digitalisierungsstrategie ist hier ein erster Schritt getan, dem viele weitere folgen werden müssen. Trotz einiger kritischer Töne, die im Gesamtkonzert dessen was alles gut oder sehr gut in der Stadtverwaltung läuft, vielleicht zu laut klingen, will ich mich im Namen der CDU-Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, darin eingeschlossen unsere Beigeordneten und der Bürgermeister, für ihre sehr gute Arbeit und vertrauensvolle Zusammenarbeit im erneut durch Corona erschwerten Jahr, bedanken. Bedanken möchte ich mich abschließend bei allen Kolleginnen und Kollegen des Rates für die gute Zusammenarbeit und insbesondere dafür, dass die coronabedingte Grundgereiztheit fast nie zu spüren war. Vielen Dank dafür und bleibt gesund und gelassen.

Rheine, den 18.01.2022

Andree Hachmann, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Rheine

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